Sri Kamadchi Ampal Tempel

Einen großen Dank an Sri Arumugam Pascaran für die freundliche Genehmigung und Hilfe.

Sri Kamadchi Ampal Tempel I
Die Idee diesen Tempel abzulichten hatte ich schon ein wenig länger. Nachdem 2014 die Gopurams (Tempeltürme) im typischen südindischen Stil farbig bemalt worden sind, wurde aus der Idee ein Projekt. Die Ausrichtung des Tempels in einer Ost-West-Achse kam mir natürlich in meiner Eigenschaft als Nachtfotograf entgegen.
Wie fast immer fange ich Bildserien, soweit es möglich ist, mit einem “Etablishing Shot“ an. Hier benutzte ich die direkte mittige Frontale, die den Eingang des Tempels zeigt, um den Betrachter in die Serie einzuführen.
Sri Kamadchi Ampal Tempel I

Sri Kamadchi Ampal Tempel II
Die Geschichte dieses Tempels begann mit einer Tragödie. Von 1983 bis 2009 kam es zu einem ethnischen Konflikt zwischen den tamilischen und singhalesischen Volksgruppen in Sri Lanka. Dieser Bürgerkrieg, der zwischen 80.000 und 100.000 Todesopfer forderte, initiierte eine Flüchtlingswelle der tamilischen Hindus.
In Folge dieser Flüchtlingswelle kam der hinduistische Priester Sri Paskaran 1985 nach Deutschland. 1989, vier Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland, errichtete Sri Paskaran im Keller seiner Mietswohnung den ersten “Tempel“. In dem rudimentären Tempel verehrte er als zentrale Gottheit Sri Kamadchi Ampal, die Göttin mit den "Augen der Liebe" (Sanskrit: kama-akshi). Dieses Provisorium wurde den Gläubigen schnell zu klein. 1992 konnten die beengten Räumlichkeiten verlassen werden und in den ehemaligen Räumen einer Wäscherei wurde ein regulärer Tempelbetrieb aufgenommen. Zu diesen religiösen Aufgaben des Tempels gehörten neben der zweimal täglichen Puja (Andacht) auch das Feiern der hinduistischen Jahresfeste. Eine der wichtigsten Feierlichkeiten stellte dabei das jährliche Tempelfest dar, bei dem die Göttin den Tempel in einer öffentlichen Ausfahrt umrundet. Die Göttin kann so nicht nur von vielen gesehen werden, sondern sie segnet nach dem hinduistischen Glauben zugleich die Stadt und die in ihnen wohnenden Menschen. Die Prozession über die umliegenden Strassen fand in Hamm erstmals 1993 statt. Die öffentliche Ausfahrt der Göttin zog schnell das Interesse der in Deutschland lebenden hinduistischen Tamilen an. Ab 1994 wurde Sri Kamadchi Ampal nicht mehr auf einer Sänfte, sondern auf einem reich geschmückten Prozessionswagen um den Tempel herum geführt. Der Umzug der Göttin wuchs von wenigen hundert auf einige tausend Teilnehmer aus ganz Deutschland an.

Sri Kamadchi Ampal Tempel II

Sri Kamadchi Ampal Tempel III
Die wachsende Zahl der Besucher des Festes und der Prozession weckten nicht nur Freude an der südindischen Exotik, Frömmigkeit und Farbenpracht, sondern auch fremdenfeindliche Ressentiments und Protest. Da die alten Räumlichkeiten deutschen Feuerschutz- und Sicherheitsbestimmungen nicht genügten musste ein neuer Tempel geschaffen werden.
1997 wurde im Industriegebiet von Hamm-Uentrop ein „“Behelfstempel“ geschaffen. Dieser Standort war aufgrund seiner Nähe zum Datteln-Hamm-Kanal, ein fließendes Gewässer, wichtig für die rituellen Waschungen.
Im März 2000 wurde dann der Grundstein für den Sri Kamadchi Ampal Tempel auf dem Grundstück gegenüber dem Behelfstempel gelegt. Der Hammer Architekt Heinz-Rainer Eichhorst, der zunächst keinerlei Erfahrung im Bau von hinduistischen Tempeln hatte, konzipierte den Hammer Tempel streng nach der Vorlage und dem Stil des Kanchi-Kamakshi-Tempels im südindischen Kanchipuram in Tamil Nadu. Der Tempel ist streng nach rituellen Vorgaben konzipiert und in südindischem, traditionellen Stil mit 17 Meter hoch aufragendem Gopuram (Tempelturm) erbaut. Er misst 27 x 27 Meter, mit gesonderten Schreinen für jede Götterstatue. Die Türme und Schreine sind mit Ornamenten und mythologischen Figuren verziert - ganz wie das Vorbild des Sri Kamaksi Tempels im südindischen Kanchipuram. An diesen filigranen Details arbeiteten seit dem Frühjahr 2001 extra aus Südindien herbeigeholte Künstler.
Sri Kamadchi Ampal Tempel III

Sri Kamadchi Ampal Tempel IV
Vom 30. Juni bis 07. Juli 2002 feierten rund 3000 Hindus die Einweihung des Sri-Kamadchi-Ampal-Tempels. Mit Hilfe von vierzehn aus Sri Lanka, Indien, Australien und den USA eingeflogenen Priestern führte Sri Paskaran die umfangreichen Weihungsrituale durch, um dadurch den Tempel und die namensgebende Göttin zu segnen und sie mit Shakti zu erfüllen.
Der Sri-Kamadchi-Ampal-Tempel ist seit seiner Fertigstellung der zweitgrößte hinduistische Tempel in Europa überhaupt. Er ist der einzige Tempel der Göttin Kamakshi außerhalb Indiens bzw. Südasiens. Die Baukosten in Höhe von etwa 1,5 Millionen Euro wurden ausschließlich durch Spenden finanziert.
Das nächste Projekt das Priester Sri Paskaran verfolgt, ist die Errichtung eines Kulturzentrums. Dieses soll über Veranstaltungen Integrationsarbeiten leisten und einen kulturellen Austausch mit Fortbildungen, einer Bibliothek und einem kleinen Museum ermöglichen.

Sri Kamadchi Ampal Tempel IV

Sri Kamadchi Ampal Tempel V
Den größten Ansturm erlebt der Sri Kamadchi Ampal Tempel , wenn im Frühjahr (Ende Mai, Anfang Juni, der Termin wird jeweils astrologisch ermittelt) das zweiwöchige Tempelfest stattfindet. Seit dem April 2007 rollte der neue, aufwendig gefertigte, neun Meter hohe Prozessionswagen erstmals um den Tempel. Er ist nun Sitz für die Göttin Kamadchi bei ihrem Umzug während des Tempelfestes. Im Rahmen der Prozession umrundet die Statue der Göttin Kamadchi auf einem buntgeschmückten Wagen den Tempel und segnet zugleich die Stadt und die in ihr lebenden Menschen. Daneben besteht der Zweck auch darin, die Fehler und Vergehen des vergangenen Jahres auszugleichen. Bis zu 25.000 Hindus aus ganz Europa pilgern für dieses Fest nach Hamm. Am Ende der Prozession wird das Götterbild der Kamakshi in den Datteln-Hamm-Kanal überführt und dort rituell gereinigt, bevor sie wieder in den Tempel zurückkehrt.
Den Sri Kamadchi Ampal Tempel in Hamm kennen die meisten tamilischen Hindus in Europa, er ist zu einem zentralen Ort ihrer Frömmigkeit geworden.

Sri Kamadchi Ampal Tempel V

Sri Kamadchi Ampal Tempel VI
Die meisten Menschen verwechseln Integration mit Assimilation. Manchen mag der hinduistische Tempel und sein Tempelfest fremd vorkommen doch er ist ein Zeichen für das Ankommen der hinduistischen Tamilen in Deutschland. Der Sri Kamadchi Ampal Tempel verbindet Integration und religiöse Identität der hinduistischen Tamilen und Inder. Er bewahrt ihre Traditionen und hilft dadurch sich in der deutschen Gesellschaft zurecht zu finden. Dies wird auch dadurch offenbar das sie viel Zeit und Geld in dem Tempelneubau investierten. Mehr als die Hälfte der 60.000 in Deutschland lebenden Tamilen besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft.
Ich möchte meine Serie mit einem Zitat von Sri Paskaran schließen: “Der Tempel ist für alle Menschen offen, egal welcher Religion sie angehören.“
Sri Kamadchi Ampal Tempel VI

INFO/BILDER

Informationen, Geschichten, Beschreibungen.

Suchen nach Kategorien, Archiven oder Tags.



Über 300 Tags erleichtern das Suchen oder Eingrenzen von Themen und Bildern.